Was würde ich leben, wenn ich alles von mir sein würde?

Ich komme gerade aus der Quarantäne zurück. Ich hatte eine wunderbare Zeit des Rückzugs. Einen Selbstretreat der besonderen Art. Für gewöhnlich plane ich meine Selbstretreats im Voraus, dieser Retreat kam nun aber bekanntlich überraschend. Völlig ungeplant den Fuß vom Gas zu nehmen und erstmal alle Projekte auf Eis zu legen, war auch für mich eine neue Erfahrung. Es war für mich die Einladung des Lebens, gerade dann innezuhalten, als ich gerade richtig in Fahrt war. 

Denn es gab – wie sich sehr schnell herausstellte – genau jetzt noch einige sehr wichtige Erkenntnisse zu gewinnen. Mir wurde bewusst, dass wenn ich allein in meiner Energie bin, ich ein ganz anderer Mensch bin, als wenn ich mich im äußeren Leben bewege. Da gibt es scheinbar Anteile, die noch versuchen irgendwo reinzupassen und einer selbst kreierten Realität zu entsprechen.

Ich habe erkannt, dass ich aus dem (Irr-) Glauben an Sicherheiten, noch an Images festhalte, die ich glaube erfüllen zu müssen. Was wäre nun aber, wenn das nicht länger notwendig wäre? Was wäre, wenn ich sie auslassen würde und nichts und niemandem mehr entsprechen müsste, am wenigsten der selbst erschaffenen geglaubten Realität? 

Meine ganze Welt hat sich mit diesen Fragen entspannt und erleichtert. Es kostet uns tatsächlich sehr viel mehr Energie, Images aufrechtzuerhalten und jemand sein zu wollen der wir nicht sind, als zu sein wer wir sind, obwohl es auf Unverständnis stößt und nicht in die Welten der meisten Menschen hineinpasst. 

Was hierbei passiert, ist, dass wir fremde Realitäten versuchen nachzuahmen. Nicht unbedingt die Realitäten anderer Menschen, sondern das was wir selbst beschlossen haben, was unsere Welt ist und sein soll. Und wie sehr hindert uns diese beschlossene Realität indem was wirklich möglich wäre? 

Der einzige Grund warum wir bestimmten Realitäten versuchen nachzueifern, ist der Glaube, dass sie uns Sicherheit geben. Hier durfte ich schließlich noch eine Ebene tiefer schauen und auch hier alles auslassen, was ich dazu beschlossen hatte und was mich unbewusst bindet und nicht frei sein lässt. Frei sind wir, wenn wir selbst auf dieser tiefsten inneren Ebene an nichts mehr hängen und bereit sind, ohne alles zu sein. Nackt aber frei.

Und liegt nicht darin die einzige Sicherheit?

Und damit kam für mich die Frage auf: Was würde ich leben, wenn ich alles von mir sein würde?  Wenn es kein Nacheifern von Realitäten mehr gäbe, sondern nur noch das was ich bin ohne zu definieren wer oder was das ist? Es wird ungemein leichter. Weil du dann niemand mehr sein musst, gleichzeitig aber alles bist.

So wie wäre es, wenn wir heute alles Geglaubte über das für uns Mögliche verabschieden und uns damit auf eine tiefere Ebene unseres Seins hineinfallen lassen, wo wir empfangen können was über die beschlossene Realität hinausgeht und uns weit mehr beiträgt? Und welchen Wert hätte es dann noch, an irgendeiner Realität festzuhalten, wenn darüber hinaus viel mehr für uns möglich ist?

Damit hebt sich tatsächlich alles Nachdenken über eine mögliche Zukunft auf. Was bleibt ist ein entspanntes Nichtwissen, das jedoch dem Weg und der inneren Führung vertraut.

Rückblick

Wenn ich auf die letzten beiden Jahre zurückblicke, sehe ich die Einladung vom Leben zu mehr Wahrhaftigkeit mit uns selbst. Für mich hat sich alles das verabschieden dürfen, das sowieso nur ein Kompromiss auf Zeit war. War es aus Gutgläubigkeit, Loyalität oder aus Gewohnheit. Was geblieben ist, ist in der Menge weniger, aber in der Qualität goldwert. Das sind Menschen, die mir näher gerückt sind. Das sind innere Prozesse, die sich endlich vollendet haben. Das ist eine innere Ruhe und grundlose Freude, wie ich sie noch nicht kannte. Da ist das Heimkommen, im inneren und äußeren Leben, wonach ich mich zeitlebens gesehnt habe.

Wie wäre es, wenn wir stets die Möglichkeit, das Geschenk und die Einladung in allem sehen? Ist das zu viel Optimismus? Oder ist es zu naiv? Für mich ist alles was zählt, meinem Gewahrsein zu vertrauen. Und auf dieser Ebene nehme ich tatsächlich nur Möglichkeiten wahr. Ist es realistischer dem Verstand zu vertrauen, um auf den Boden der Tatsachen zu bleiben? Ist nicht das Realistischste und Wahrhaftigste dem eigenen Spüren zu vertrauen und danach zu leben? Ohne Rücksicht auf Image und Etikette? Für mich ist es der einzige Weg. Weil Kompromisse keinen Bestand mehr haben. Weil alles Unwahrhaftige bröckelt. Jetzt mehr denn je.

Außerdem haben mich die letzten zwei Jahre gelehrt, abzuwarten. Ich habe lernen dürfen, dass alles immer zu einem goldrichtigen Zeitpunkt gekommen ist. Alles was ich beschleunigen wollte, hat sich erst Recht Zeit gelassen. Es war eine wunderbare Einladung, mich im Vertrauen und Spüren zu üben. 

Das alles anders kam als gedacht, hat mir des Weiteren gezeigt, dass Pläne schmieden und Wissenwollen nicht länger notwendig sind. Was für eine Erleichterung. Mein Leben hat sich in eine gänzlich andere Richtung entwickelt als ich es mir gedacht hatte. Anstatt die Umstände und das Weltgeschehen anzuklagen, war und bin ich stets in der Frage: ‚Was mache ich jetzt damit?‘ und ‚Welche Möglichkeit gibt es hier, die ich noch nicht anerkannt habe?‘ Ich liebe es sehr mit den Fragen zu spielen und zu beobachten wie sich die Felder damit verändern und in kurzer Zeit völlig neue Realitäten entstehen.

So bin ich gerade sehr dankbar für diese sehr transformierenden beiden Jahre und bin freudig neugierig wie die Lebensreise weitergeht. Das – und eigentlich noch viel mehr… passt aber nicht alles auf einmal hier rein – wollte ich heute mit dir teilen. Danke für dich! 

Tabula Rasa

(= etwas, das durch nichts mehr vorgeprägt ist / einen Neubeginn ermöglicht)

Tabula Rasa. So ist meine Welt gerade. Neu. Leer. Ein weiter Raum indem alles möglich ist. Nichts ist greifbar. Alles ist offen. Ich habe in den letzten Monaten derart viele Prägungen, Ansichten und Konzepte über Board geworfen, dass ich mich nunmehr in einem undefinierbaren Erleben wiederfinde. Wenn man es benennen sollte, könnte man es vielleicht ‚Seligkeit ohne besonderen Anlass nennen.‘ Doch auch das beschreibt es nicht annähernd.

Sich leer zu machen von allem Gedachten, macht frei zu sein wer wir wahrhaft sind. Konzeptlos. Frei von Identifizierung mit etwas oder jemandem.
Frei von Prägungen die uns festhalten. Tabula Rasa.

Wie es jetzt weitergeht oder was als nächstes kommt? Ich weiß es nicht. Es ist ungemein befreiend nichts mehr wissen zu wollen und alles kommen zu lassen.

Inzwischen oder ‚in der Zeit dazwischen‘ bleibe ich in der Frage… nicht, weil mich die Antworten interessieren, sondern weil Fragen neue Räume und Möglichkeiten öffnen und sie zudem alles in Fluss halten.

Und was wäre, wenn wir diese ‚Zwischenzeit‘ einfach genießen dürften? Wie viel entspannter kann es dann sein? Und wieviel mehr leben wir damit im Jetzt? Bewusst und präsent?

Wenn auch du gerade nichts mehr weißt… wie es weitergeht und was dein nächster Schritt sein soll… dann lade ich dich ein, dieses Erleben als Geschenk anzunehmen. Wissend, dass aus genau diesem Raum sich alles entfaltet. Dann, wenn wir ablassen vom Lenken und Kontrollieren von uns selbst und unserem Weg. Und was ist dann erst alles möglich?

Mit sanfter Bestimmtheit

Heute melde ich mich aus Marrakech. Wir sind bereits seit vier Wochen im Lande. Ich habe diesmal sehr lange gebraucht, um mich hier zu adaptieren…. Marrakech hat sich verändert. Wir uns auch. Anfangs wollten wir das Alte wiederbeleben… wir sind an vertraute Orte gefahren und sind in Erinnerungen geschwelgt. Bis wir dem Fluss des Neuen nicht mehr entkamen und dieser uns schließlich mit sanfter Bestimmtheit mitgerissen hat… Wir durften unsere eigene Veränderung dankbar anerkennen und uns schließlich dem natürlichen Wandel von allem und jedem erfreuen…. Und genau darin dürfen wir uns nunmehr neu erfinden.

Ich habe erkannt, dass wir nicht dort anschließen konnten, wo wir aufgehört hatten. Das war anfangs irritierend und wir waren etwas orientierungslos in Bezug auf die noch kommenden Wochen in Marokko…. Denn wie gewohnt wollte ich jede Menge in Angriff nehmen und erledigen… doch dann war das Leben wieder weiser…. und hat folgende Geschichte geschrieben: Mein IPhone ist mir abhanden gekommen und zeitgleich hat mich eine Augenentzündung in einen totalen Stillstand befördert. Kaum sehen zu können und das einzige Werkzeug meiner Arbeit zu verlieren wäre eine für mich sehr schwerwiegende Kombination, würde ich nicht der Weisheit des Lebens vertrauen und darin meine Lernaufgabe erkennen….

Ich durfte nämlich lernen die Zügel aus der Hand zu geben… mich von ständigem Tun und Machen verabschieden und lernen zu entspannen und zu genießen. Ich durfte wieder lernen zu spüren was dran ist, anstatt von meinem Wollen getrieben den Dingen nachzujagen. Ich durfte auch lernen nach innen, anstatt nach außen zu sehen.

So sage ich heute – nach vier intensiv transformierenden Wochen in Marrakech – danke Leben für diese Lehre. Sie hat mich eingeladen, wenn nicht auf sanfte Art gezwungen, mich zu erneuern und das Alte gänzlich hinter mir zu lassen. So entdecken wir gerade in befreiender Leichtigkeit, was für uns Neues dran ist und durch uns in die Welt möchte. Anzuerkennen, dass alles immer einem ständigen Wandel unterliegt und nichts bleibt wie es war, birgt eine ungemeine Freiheit. An nichts und niemandem mehr festhalten zu wollen, ließ mich aufatmen und hat es mir erlaubt, dass alles neu sein darf.

Wahl oder Schicksal?

Ich habe mich in letzter Zeit mit der Frage beschäftigt, ob die größeren Entscheidungen in unserem Leben auf freier Wahl basieren oder ob sie schicksalshaft gelenkt sind. Ich fragte mich, was gewesen wäre, wäre ich damals nicht nach Marokko gereist, sondern in ein anderes Land, wo wäre ich jetzt? Oder wäre ich in jedem Fall irgendwann in Marokko gelandet, weil es so vorgesehen war….?

Nicht, dass ich mir diese Frage nicht schon öfters gestellt hätte, aber diesmal wollte ich anhand von Beispielen aus dem eigenen Leben eine für mich stimmige Antwort finden…. Und ich fand sie auch. Ich erlebe immer wieder, dass sobald ich eine Frage rausgebe, die Antworten immer von irgendeiner unerwarteten Seite kommen.

So fand ich mich in einem Gespräch mit meinem Mann wieder, mit dem ich irgendwann auf die Frage ‚Wahl oder Schicksal‘ kam. Für ihn war alles ganz klar, er antwortete: „Beides.“ Ich bin stets inspiriert von dieser Art der Gespräche mit ihm, weil er auf Basis seines Glaubens immer eine für mich zufriedenstellende Antwort auf die spirituellen Fragen des Lebens hatte.

Er meinte, wir wählen erst was wir möchten, indem wir dem folgen was wir spüren. Wir beschreiten dann den gewählten Weg und tun die Schritte, die das Gewählte verlangt. Ob wir schließlich aber bekommen, was wir uns in den Kopf gesetzt haben, wird das Schicksal entscheiden. Wenn etwas für uns gemeint ist, werden wir es erreichen oder bekommen, wenn nicht, wird der gewählte Weg uns nicht sehr weit führen.

Diese Sichtweise fühlte sich erstmals stimmig für mich an. Es ist nicht alles nur eine Wahl aus dem Verstand heraus, genau so wenig wie wir alles nur dem Schicksal überlassen können. Es ist beides. Erst die Wahl, dann die Schritte, dann wird es sich zeigen.

Eine ‚Mit dem Kopf durch die Wand Mentalität‘ hilft uns also genau so wenig wie die Hände in den Schoss zu legen und zu warten bis das Leben geschieht. Aus einer Verbindung mit unserem Innersten, spüren wir auch sehr genau wann es gilt zu handeln und wann loszulassen und abzugeben.

So macht irgendwie alles Sinn. Alle Bedenken ob man den richtigen Weg gewählt hat, heben sich auf. Alle Zweifel, ob man etwas versäumen könnte, ebenso. Wenn wir anfangen unserer Führung, dem Leben und der Richtigkeit in allem zu vertrauen, können wir uns in uns selbst und in unser Leben hinein entspannen. Wissend, dass wir nicht versäumen können, was wahrhaft für uns gemeint ist zu sein… und auch nichts so wäre, wenn es nicht gemeint wäre zu sein.

Was wäre, wenn jetzt die Zeit wäre?

Ich reflektiere gerade über die letzten Wochen in der Quarantäne. Anfangs ging es für mich sehr um das Stillwerden, die Entschleunigung, den Rückzug und das Besinnen. Nachdem die Welt (und auch ich selbst) nun weitestgehend runtergefahren ist…. komme ich gefühlt in eine nächste Phase meines Erlebens. Ich muss gestehen, dass ich mich in all der äußeren Stille doch sehr gerne mit überaus nützlichen Beschäftigungen abgelenkt habe. Ich habe mich be-schäftigt. Um die Zeit zu nützen… für Sinnvolles, für Aufgeschobenes, für Neues.

In einem stillen Moment all dessen, merkte ich jedoch, wie sehr Ablenkung hier das Spiel übernimmt. Ablenkung von dem was eigentlich möglich wäre. Ablenkung vom eigenen Potential, vom Träume verwirklichen, von der Zeit auf die ich immer gewartet habe. Die Zeit endlich Zeit zu haben.

Was wäre, wenn jetzt DIE Zeit wäre? Die Zeit umzusetzen, anstatt sich zu beschäftigen. Zu verwirklichen anstatt sich abzulenken.

Gerade als ich mit den scheinbar überaus sinnvollen Beschäftigungen fertig war und bereits nach neuen Ausschau hielt, überkam mich in dem kurzen, leisen Moment dazwischen ein tiefes inneres Erkennen, dass jetzt die Zeit für etwas anderes ist.

Es ist DIE Zeit. Kein Warten mehr auf Später. Kein Spinnen von Visionen. Kein Ablenken im Jetzt um das Leben auf die Zukunft zu verschieben. Kein Leugnen der sich entfalten wollenden Potentiale.

Es ist jetzt die Zeit, auf die ich immer gewartet hatte. Die Zeit, Zeit zu haben. Die Zeit, Visionen umzusetzen und Potentiale zu leben, anstatt sie noch länger zu unterdrücken.

Damit hat sich eine unglaubliche Kraft in mir freigesetzt. Es war das Eingestehen. Das Bewusstmachen. Das Beobachten meiner selbst. Die Bereitschaft. Die Dringlichkeit. Die Lust auf das Neue. Der Mut zum Ungewissen.

Tatsächlich aber ein Aufwachen. Ein Verlassen des Schlafmodus, des Träumens und Visionierens. Ein Eintreten in das eigene Wissen und die eigene Kraft. Ein Erkennen der Kostbarkeit von Zeit.

Für mich hat die ‚Coronazeit‘ nur Geschenke bereitgehalten. Ich bin überaus dankbar und fühle es als totalen Wandel zu etwas nie Dagewesenem. Individuell und kollektiv. Ich freue mich auf das was noch kommen darf, aber nicht indem ich darauf warte, sondern während ich lebe was schon immer gelebt werden wollte.